Antivirale Arzneimitteltherapie
Hinweise für medizinische Fachkreise zur Anwendung von zentral beschafften nicht zugelassenen und zugelassenen Arzneimitteln gegen COVID-19
Das Bundesministerium für Gesundheit hat mittlerweile die final abgestimmten Hinweise für medizinische Fachkreise zur Anwendung von zentral beschafften nicht zugelassenen und zugelassenen Arzneimitteln gegen COVID-19 sowie die dazugehörige Anlage Übersicht zentral beschaffte COVID-19 Arzneimittel (ohne Impfstoffe) zur Verfügung gestellt. Die Übersicht bietet unter anderem einen Überblick über Anwendungsgebiet und Applikationsart der zugelassenen und nicht zugelassenen Arzneimittel gegen COVID-19, die der Bund zentral beschafft hat. Die Hinweise einschließlich der Anlage finden Sie auf der Themenseite der KBV. Dort finden Praxen darüber hinaus umfassende Informationen zur antiviralen Arzneimitteltherapie von COVID-19.
Therapie mit monoklonalen Antikörpern von COVID-19-Patienten
Allgemeines
Monoklonale Antikörper (MAK) gegen das Spike-Protein können in der frühen Krankheitsphase die SARS-CoV-2-Viruslast bei leichter bis moderater COVID-19-Erkrankung senken. Außerdem können sie bei bestimmten Personengruppen zur Prä- wie auch Postexpositionsprophylaxe angewendet werden. Sie sind damit eine der Optionen antiviraler Therapie und Prophylaxe von COVID-19 bei Risikopatienten.
Die Bundesregierung hat verschiedene Therapeutika zentral beschafft. Die Anwendung dieser monoklonalen Antikörper wird durch die sogenannte „Allgemeinverfügung zum Bezug und zur Anwendung monoklonaler Antikörper und zum Bezug und zur Abgabe antiviraler, oral einzunehmender Arzneimittel gegenCOVID-19“ vom 4. Januar 2022 geregelt. Eine entsprechende Regelung zur Vergütung findet sich in der Rechtsverordnung (Monoklonale-Antikörper-Verordnung, kurz MAKV) des Bundesministeriums für Gesund-heit (BMG) vom 21. April 2021, die zuletzt am 9. März 2022 angepasst wurde. Die KBV hatte zuvor Ende April 2021, im Dezember 2021 sowie im Januar 2022 über diese Therapiemöglichkeiten informiert.
Möglichkeiten für Niedergelassene im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit
Da die MAK nur frühzeitig sinnvoll eingesetzt werden können und die Krankenhäuser nicht über das für die Behandlung vorgesehene Patientenklientel verfügen, hat der Bund seit Ende April 2021 durch die Monoklonale-Antikörper-Verordnung (MAKV) auch für die niedergelassene Ärzteschaft in Deutschland die Möglichkeit vorgesehen, SARS-CoV-2 infizierte Patient:innen, bei denen das Risiko für einen schweren Verlauf besteht, im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit unter der Verantwortung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes im Rahmen eines individuellen Heilversuchs mit MAK unter entsprechender Vergütung zu behandeln. Über den Einsatz entscheiden die behandelnden Ärzt:innen mit den Patient:innen bzw. den gesetzlichen Vertreter:innen.
Arzneimittel-Bezugsmöglichkeiten über Krankenhausapotheken
Seit Inkrafttreten der MAKV bestehen breite und gleichmäßige Bezugsmöglichkeiten in der Fläche für diese Arzneimittel. Dafür werden die Präparate über spezielle, vom BMG beauftragte Stern- und Satelliten-Apotheken (Krankenhausapotheken) an die verordnenden niedergelassenen Ärzt:innen abgegeben. Die Liste der bevorratenden Krankenhausapotheken sowie entsprechende Hinweise zum Einsatz der MAK sind auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts abrufbar:
Die niedergelassenen Ärzt:innen können sich zum genauen Vorgehen bilateral mit der nächsten Krankenhausapotheke bzw. krankenhausversorgenden Apotheke vor Ort abstimmen. Die Arzneimittel sind nicht in deutscher Sprache gekennzeichnet. Zudem handelt es sich um kühlkettenpflichtige Arzneimittel.
Vergütung
Vergütung für die Anwendung von monoklonalen Antikörpern
Leistung | GOP | Vergütung |
Therapie mit monoklonalen Antikörpern bei einem mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patienten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1) | 88400 | 360 Euro |
Prophylaxe mit monoklonalen Antikörpern bei einem nicht mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patienten mit einem erhöhten Risiko eines schweren Verlaufs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2) | 88401 | 150 Euro |
Zuschlag für einen Besuch im Zusammenhang mit der GOP 88401 (§ 2 Abs. 2 Nr. 2) | 88402 | 60 Euro |
Lagerung und Abgabe einschließlich Transport von monoklonalen Antikörpern von der Krankenhausapotheke an den Leistungserbringer (§ 4 Abs. 2 und 2a) | 88403 | 40 Euro |
GOP 88400 neu bewertet (15.03.22)
Vertragsärzte rechnen die Behandlung mit MAK über die Gebührenordnungsposition (GOP) 88400 „Therapie mit monoklonalen Antikörpern bei einem mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patienten“ ab. Diese GOP ist seit 15. März mit 360 Euro bewertet, entsprechend der Vorgabe in der geänderten MAKV.
Für die prophylaktische Gabe von monoklonalen Antikörpern bei einem nicht mit dem Coronavirus infizierten Patienten ist die GOP 88401 berechnungsfähig. Diese wird auch weiterhin mit 150 Euro für jede Anwendung vergütet.
Sofern ein Besuch der Patientin oder des Patienten in der eigenen Häuslichkeit oder in beschützenden Wohnheimen, Einrichtungen oder Pflege- oder Altenheimen mit Pflegepersonal erforderlich ist, erfolgt wie bisher eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 60 Euro (GOP 88402).
Praxen können Medikament auch selbst abholen
Außerdem ist für die Lagerung und Abgabe der monoklonalen Antikörper durch die bereitstellende Stern- oder Satellitenapotheke weiterhin die GOP 88403 mit einer Vergütung in Höhe von 40 Euro vorgesehen.
Mit der geänderten MAKV wird klargestellt, dass diese Vergütung auch den Transport der Arzneimittel umfasst und die Preise einschließlich Umsatzsteuer gelten. Neu ist, dass Arztpraxen das Arzneimittel nun auch selbst in der Stern- oder Satellitenapotheke abholen können. In diesem Fall erhalten sie für die Abholung 30 Euro je Einheit und die abgebende Apotheke für die Lagerung 10 Euro. Alternativ können Praxen für die Abholung auch eine weitere öffentliche Apotheke beauftragen. Dann müssen sie die 30 Euro an die beauftragte Apotheke weitergeben.
Arzneimittel Xevudy® (monoklonaler Antikörper Sotrovimab)
Die Bundesregierung hat verschiedene Arzneimittel mit monoklonalen Antikörpern zentral beschafft. Seit Ende Januar ist das Präparat Xevudy® mit dem monoklonalen Antikörper Sotrovimab in Deutschland verfügbar. Die Europäische Union hatte es im Dezember 2021 zur Therapie von COVID-19 zugelassen.
Das COVID-19-Medikament Xevudy® mit dem monoklonalen Antikörper Sotrovimab wird intravenös verabreicht und kann einem schweren Krankheitsverlauf vorbeugen. Es zeichnet sich durch eine gute Wirksamkeit gegenüber der Omikron-Variante aus. In-vitro-Testdaten weisen eine erhaltene Aktivität gegen alle bisher getesteten sogenannte besorgniserregenden Varianten (VoC) und solche von besonderem Interesse (VoI) nach.
Nur für den therapeutischen Einsatz zugelassen
Die Europäische Union hatte das monoklonale Antikörperpräparat Xevudy® im Dezember 2021 zur Behandlung von Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren (Körpergewicht von mindestens 40 kg) mit einer COVID-19-Erkrankung zugelassen.
Es darf Patienten verabreicht werden, die keine zusätzliche Sauerstofftherapie benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, zum Beispiel Personen mit Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder immunsupprimierte Patienten. Eine prophylaktische Gabe ist von der Zulassung nicht erfasst.
Einmalige intravenöse Infusion
Laut Produktinformation soll Xevudy® innerhalb von fünf Tagen nach Auftreten von COVID-19-Symptomen angewendet werden. Die empfohlene Dosis ist eine einzelne intravenöse Infusion von 500 mg, die nach Verdünnung des Arzneimittels verabreicht wird. Die Infusion dauert etwa 30 Minuten. Das Medikament muss bei Kühlschranktemperaturen (+2 °C bis 8 °C) transportiert und gelagert werden.
Arzneimittel Evusheld® (monoklonale Antikörper Tixagevimab/Cilgavimab)
STIKO empfiehlt Off-Label-Use von Evusheld® (Tixagevimab/Cilgavimab)
Evusheld® 150 mg + 150 mg Injektionssuspension ist zugelassen zur Präexpositionsprophylaxe einer Coronavirus-19-Erkrankung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit mindestens 40 kg Körpergewicht. Verordnet wird das Medikament für GKV-Versicherte auf rosa Kassenrezept (Muster 16) auf den Namen des Patienten zulasten der jeweiligen Krankenkasse.
In der Mitteilung der STIKO vom 18.08.2022 (Epid. Bull. 33/2022, S. 40) wird es empfohlen für
immundefiziente Personen, bei denen aufgrund ihrer Erkrankung oder immunsuppressiven Medikation keine ausreichende Immunantwort nach Impfung zu erwarten ist, sowie
Personen mit Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung,
bei denen nach Immunisierung gemäß einem von der STIKO empfohlenen Impfschemadie Serokonversion ausgeblieben ist oder
bei denen alle zugelassenen Impfstoffe kontraindiziert sind.
Laut der STIKO-Empfehlung soll Evusheld® in einer Dosierung von 300 mg/300 mg verwendet werden, obgleich die Zulassung nur die Verabreichung von 150 mg/150 mg abdeckt.
Daher empfehlen wir, vor einer Verordnung – die ja bei der PrEP in der Regel geplant und nicht notfallmäßig erfolgt – die Genehmigung der jeweiligen Krankenkasse einzuholen.
Arzneimittel Ronapreve® (monoklonale Antikörper Casirivimab/Imdevimab)
Bereits länger im Einsatz ist die Antikörperkombination Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®). Diese ist bei der Omikron-Variante des SARS-CoV-2 jedoch weitestgehend nicht wirksam. Eine Empfehlung zur Anwendung besteht bei einem nahezu ausschließlich durch Omikron-Varianten dominierten Infektionsgeschehen nicht mehr.
Weiterführende Informationen für Fachkreise und Patientinnen und Patienten bietet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf seinen Internetseiten.
Produktinformationen, Verpflichtungserklärungen, Vorgaben des BMG
Die aktuellen Produktinformationen der MAK-Präparate, Verpflichtungserklärungen sowie Vorgaben des BMG, nach denen der Bezug und die Anwendung dieser Arzneimittel in Deutschland ausschließlich zulässig sind, sind auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts veröffentlicht:
Informationen zum klinischen Einsatz
Weitere Informationen zum klinischen Einsatz der MAK, insbesondere für den möglichen Einsatz in Abhängigkeit von der diagnostizierten Mutante sind auf der Seite der Fachgruppe COVRIIN am Robert-Koch-Institut zu finden:
Zudem wird auf die derzeit in Überarbeitung befindlichen Therapie-Hinweise des Ständigen Arbeitskreises der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger am Robert Koch-Institut ‒ STAKOB verwiesen:
Darüber hinaus kann eine klinische Beratung und Fallbesprechung über das Beratungsnetzwerk von STAKOB und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) erfolgen: